Die Wahrheit hinter Modemythen

  • Stimmt nicht!

    In Ländern wie Bulgarien oder Bangladesch macht die hochmobile Textilindustrie einen grossen Teil der Exporte aus. Aufgrund des internationalen Wettbewerbdrucks betreiben die lokalen Regierungen oft eine aggressive Standortwettpolitik, die sich insbesondere in niedrigen Mindestlöhnen äussert. Ohne die Verpflichtung der Modefirmen, Existenzlöhne zu bezahlen, ändert sich also nichts.

    Das Recht auf einen Existenzlohn ist in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte verankert. Staaten sind verpflichtet, Menschenrechte zu schützen. Sie müssen also den gesetzlichen Mindestlohn auf einem existenzsichernden Niveau festlegen. Tun sie dies nicht, dürfen Unternehmen diesen Umstand nicht ausnutzen. Die UNO-Leitlinien für Wirtschaft und Menschenrechte legen fest, dass Unternehmen Menschenrechte respektieren müssen, selbst dann, wenn das Produktionsland diese nicht (ausreichend) schützt. Die Verpflichtung, einen Existenzlohn zu bezahlen, gilt also für jede Modefirma und in jedem Produktionsland.

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    Mythos 3

    Regierungen, nicht Firmen setzen Mindestlöhne fest

  • Stimmt nicht!

    Ja, die TextilarbeiterInnen brauchen die Jobs. Mit existenzsichernden Löhnen hätten sie aber auch eine Perspektive. Bei einem Lohnanteil von 0.5.-3% am Verkaufspreis täten höhere Löhne den Markenfirmen nicht wirklich weh, und uns Konsumierenden auch nicht (siehe Mythos 5).

    Die Auslagerung der Produktion in Tiefstlohnländer wird mit der Schaffung von Arbeitsplätzen gerechtfertigt. Doch die tiefen Löhne bringen weder den ArbeiterInnen noch der lokalen Wirtschaft den erhofften Fortschritt. Im Gegenteil: Armut wird zementiert und ArbeiterInnen sind gefangen in einem Teufelskreis aus tiefen Löhnen, Überstunden, Schulden und Abhängigkeiten, die es ihnen erschweren, sich für ihre Rechte einzusetzen. Erst wenn Markenfirmen Existenzlöhne bezahlen, ist «faire Mode» möglich.

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    Mythos 4

    Lieber ein schlecht bezahlter Job als gar kein Job

  • Stimmt nicht!

    Konsumierende haben sich an sehr tiefe Preise gewöhnt, doch Existenzlöhne in Fabriken bedeuten nicht zwangsläufig höhere Verkaufspreise. Durschnittlich gehen nur 0.5-3% des Verkaufspreises an die NäherInnen. Selbst wenn dieser Lohn verdoppelt oder verdreifacht würde, führte das nur zu marginal höheren Lohnkosten..

    KonsumentInnen haben sich an sehr tiefe Preise gewöhnt, doch Existenzlöhne in Fabriken bedeuten nicht zwangsläufig höhere Verkaufspreise. Denn nur 0.5-3% des Endverkaufspreises geht durchschnittlich als Lohn an die NäherInnen. D.h: an einem T-Shirt für CHF 10.- verdienen alle beteiligten ArbeiterInnen gerade mal 5-30 Rappen. Selbst wenn dieser Lohn verdoppelt oder verdreifacht wird, führt das nur zu marginal höheren Lohnkosten, die Modeunternehmen problemlos tragen könnten.

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    Mythos 5

    Die Leute wollen nicht mehr Geld für Kleider bezahlen

  • Stimmt nicht!

    Angemessen für wen? Die grossen Modefirmen gehen meist dorthin, wo die Löhne besonders tief sind. Die Produktionsländer einer Region stehen in einem starken Wettbewerb miteinander. Daher sorgt der Markt nicht für angemessene, sondern für tiefe Löhne.

    Der Markt sorgt nicht für angemessene, sondern tiefe Löhne. Diese sind ein Standortvorteil im globalen Wettbewerb. Weil viele Länder stark von den Exporteinnahmen aus der Bekleidungsindustrie abhängig sind, genügt die Androhung einer Produktionsverlagerung, damit Regierungen ihre Politik den Erwartungen der mächtigen Markenfirmen anpassen. 2013 betrugen die Umsätze von H&M und Inditex zusammen fast gleich viel wie das Bruttoinlandprodukt von Bulgarien und mehr als dreimal soviel wie jenes von Kambodscha. Markenfirmen dürfen dieses Machtgefälle nicht auszunutzen und müssen endlich einen Existenzlohn zahlen.

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    Mythos 6

    Der Markt sorgt für angemessene Löhne

Die wichtigsten Fakten zum
Existenzlohn auf einen Blick
 
  • Was ist ein Existenzlohn

    Infografik
    Das Recht auf einen Existenzlohn ist in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte verankert. Trotzdem muss die Mehrheit der über weltweit 60 Millionen Textil-ArbeiterInnen in bitterer Armut leben. Ihr Lohn reicht - trotz massiven Überstunden - nicht zum Leben.
    Mit einem Existenzlohn erhält eine Arbeiterin, ohne Überzeit leisten zu müssen, genug Lohn um die Grundbedürfnisse ihrer Familie zu decken. Dabei bleibt genug Geld (ca. 10% des Gehalts) übrig für unvorhergesehene Kosten oder Ersparnisse.
    Nur so haben TextilarbeiterInnen die Chance der Armut zu entfliehen. Faire Mode ist ohne die Zahlung eines Existenzlohnes nicht möglich.
  • Mindestlohn vs. Existenzlohn

    Infografik
    In vielen Ländern liegt der gesetzliche Mindestlohn weit unter dem Existenzlohn, mit dem ArbeiterInnen ihre Lebenskosten decken könnten.
    Die gesetzlichen Mindestlöhne in Osteuropa sind zum Teil niedriger als die asiatischen Löhne und in vielen osteuropäischen Ländern liegen sie sogar noch unter dem staatlich festgelegten Existenzminimum.
    Fussnote
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    Fussnote

    Der Existenzlohn für Asien basiert auf der Berechnung der «Asia Floor Wage» – Allianz von 2013. Er wurde mit 725 PPP-Dollar (Purchasing Power Parity; Gleichheit der Kaufkraft) festgelegt, einer theoretischen Währung der Weltbank, die auf dem Konsum von Gütern und Dienstleistungen basiert und es ermöglicht, den Lebensstandard in verschiedenen Ländern unabhängig von nationalen Währungen zu vergleichen.
    Der geschätzte Basis-Existenzlohn für Osteuropa und die Türkei basiert auf Interviews mit den ArbeiterInnen in den untersuchten postsozialistischen Ländern und der Türkei. Die ArbeiterInnen wurden zu den Haushaltausgaben für eine vierköpfige Familie befragt (Lebensmittel (Fleisch einmal pro Woche); Wohnen (inkl. Miete/Hypothek, Strom, Heizung, Wasser, Unterhalt); Gesundheit und Hygiene; Transport; Bildung; Kleidung und Schuhe; Freizeit (Urlaub, Kultur); Kommunikation (Telefon und Internet); Ersparnisse für Notfälle)
    Da nicht alle Länder den Mindestlohn in ähnlichen Zeitabständen überprüfen, vergleicht die Grafik die gesetzlichen Mindestlöhne per 1. Mai 2013 und benutzt dafür den von oanda.com ausgewiesenen Wechselkurs vom 1. 2. 2014 für europäische Länder und den Kurs vom 8.10.2013 für asiatische Länder.
  • Die Kosten eines T-Shirts

    Infografik
    Der Lohnanteil der ArbeiterInnen ist mit ca. 0.5 - 3 % der Kosten äussert gering. Eine Erhöhung der Löhne auf ein Existenzlohnniveau hätte für die Modefirma nur gering höhere Lohnkosten zur Folge.
    Zudem: Hohe Verkaufspreise sind keine Garantie für existenzsichernde Löhne. Auch teure Marken lassen ihre Ware in Tieflohnländern produzieren und zahlen ihren NäherInnen Löhne, die nicht zum Leben reichen.
EvB Forderungen
Existenzlohn für Alle!

Existenzlöhne sind nicht eine Frage der Kosten, sondern des politischen Willens der Markenfirmen.

Forderungen an Modeunternehmen:

  • Öffentliches Bekenntnis zur Zahlung eines Existenzlohnes, Festlegung eines Richtwerts sowie eines Umsetzungsplans
  • Alle ArbeiterInnen in der eigenen, weltweiten Lieferkette sollen einen Lohn (netto, ohne Überstunden und Bonus) erhalten, von dem sie leben können. Der Lohn soll in Asien zumindest dem Richtwert der «Asia Floor Wage»- Allianz entsprechen und in Osteuropa und der Türkei in einem ersten, unmittelbaren Schritt mindestens 60% des jeweiligen nationalen Durchschnittslohns betragen, sowie danach schrittweise bis zu einem Existenzlohn erhöht werden
  • Einkaufspraxis anpassen, um Existenzlöhne zu ermöglichen
  • Bekenntnis zu und Förderung von Gewerkschaftsfreiheit in der ganzen Produktionskette
  • Zusammenarbeit mit anderen Firmen, mit Gewerkschaften und NGOs in sogenannten Multistakeholder-Initiativen (MSI), um Existenzlöhne umzusetzen

Forderungen an Regierungen:

  • Anpassung der gesetzlichen Mindestlöhne auf ein Lohnniveau, von dem die ArbeiterInnen leben können. In Asien soll der gesetzliche Mindestlohn zumindest dem Richtwert der «Asia Floor Wage»- Allianz entsprechen. In Osteuropa und der Türkei soll der Lohn in einem ersten, unmittelbaren Schritt mindestens 60% des jeweiligen nationalen Durchschnittslohns betragen, sowie danach schrittweise bis zu einem Existenzlohn erhöht werden
  • Regierungen von Ländern, in denen die Modeunternehmen ihren Hauptsitz haben: Sicherstellen, dass Unternehmen für ihre gesamte Lieferkette Verantwortung übernehmen, dass sie lokale Gesetze sowie Menschen- und Arbeitsrechte respektieren und dass sie auf die Umsetzung von Existenzlöhnen hinarbeiten
  • Regierungen von Ländern, in denen Kleider, Schuhe und Textilien produziert werden: Sicherstellen, dass Menschenrechte und nationale Arbeitsgesetze eingehalten werden (durch stringente Gesetzgebung, konsequente Kontrollen und Sanktionen bei Gesetzesverstössen)
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Was Sie tun können!
 

Ihre Kleider - Ihr Einfluss

«Fair Fashion»-App und Print Guide

Wie fair produziert Ihre Lieblingsmarke?
Im Rahmen der Clean Clothes Campaign (CCC) hat die EvB über 140 Modelabels unter die Lupe genommen und analysiert, was die jeweiligen Unternehmen tun, um existenzsichernde Löhne in ihren Lieferketten sicherzustellen.
Die Ergebnisse der Untersuchung haben wir für Sie kompakt in einem Taschenguide und einer App aufbereitet. Erfahren Sie, welche Firmen sich ernsthaft um die Einführung von Existenzlöhnen bemühen und profitieren Sie von wertvollen Einkaufstipps.
Die App und der Guide zeigen Ihnen zudem auf, wie Sie sich persönlich für die Einführung von Existenzlöhnen engagieren können.
 
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